34. Erfinderlabor: Hessens TOP-Schülerinnen und Schüler forschen zur Energiewende

Hessens MINT-Nachwuchs forscht in Marburg zu Wasserstoff und Erneuerbaren Energien / Kultusminister würdigt 20 Jahre Zentrum für Chemie

Leonie Biener_Anna Schmidt Schule_Frankfurt_34.Erfinderlabor
© Zentrum für Chemie

Bensheim/Marburg. Das 34. Erfinderlabor des Zentrums für Chemie (ZFC) ist erfolgreich ins Finale gegangen. Die Veranstaltung wurde auch in diesem Jahr vom ZFC in Kooperation mit der Philipps-Universität Marburg und Elkamet durchgeführt und von weiteren namhaften Kooperationspartnern wie der LEA LandesEnergieAgentur Hessen und dem Hessischen Kultusministerium unterstützt.

„Aus Sicht der Hochschule ist das Erfinderlabor ein ideales Orientierungsfeld am Übergang von Schule und Beruf“, so Prof. Dr. Sabine Pankuweit, (Vizepräsidentin für Chancengleichheit und Karriereentwicklung, Philipps-Universität Marburg). Man freue sich, das Erfinderlabor erneut an der Uni Marburg durchführen zu können.Die hessische Landesregierung hat mit der Wasserstoffstrategie eine Priorisierung der Einsatzfelder von Wasserstoff vorgenommen. Zu diesen Bereichen gehören der Flugverkehr sowie Teile der Industrie und des öffentlichen Verkehrsnetzes. Eine Transformation der Wirtschaft, die gerade erst begonnen hat. „Wir brauchen in Zukunft noch mehr gute Naturwissenschaftler, um die Herausforderungen der modernen Welt zu meistern“, betonte Kultusminister Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz bei der Abschlussveranstaltung des 34. Erfinderlabors vom ZFC. Der Workshop für leistungsstarke Oberstufenschüler:innen ging am Freitag in Marburg ins Finale. Die virtuelle Abschlussveranstaltung wurde live im Netz übertragen.

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des ZFC lobte Lorz - selbst Universitäts-professor für Rechtswissenschaften – die enge und praxisnahe Zusammenarbeit des Zentrums mit Hochschule, Forschung und Wirtschaft, um den Wissenstransfer in den Regelunterricht zu beleben und zu stärken. Im Umfeld der zahlreichen MINT-zertifizieren Schulen und Forschungszentren in Hessen sei das ZFC ein erfahrener und kompetenter Akteur, um junge Menschen für die Naturwissenschaften zu begeistern. „Das Zentrum für Chemie bereichert seit 20 Jahre unsere Schullandschaft und bietet jungen Menschen Perspektiven, wie es Schule allein nicht leisten kann.“ Das Erfinderlabor, die anspruchsvolle Königsdisziplin im Portfolio des Vereins, bezeichnete der Minister als Kristallisationspunkt für den landesweiten Wissenschafts-Nachwuchs. Im laufenden Jahr haben sich 235 Top-Schüler:innen aus 85 hessischen Schulen um einen der 16 Plätze beworben, um gemeinsam mit Profis aus Unternehmen und Hochschule zu forschen und ihre Ergebnisse abschließend einem großen Publikum zu erläutern. „Es gehört daher neben herausragenden Leistungen auch ein wenig Glück dazu, um nach dem Auswahlprozess eingeladen zu werden“, so ZFC-Vorstand Dr. Thomas Schneidermeier, der das Format seit 2005 in einem betont interdisziplinären Umfeld mit Institutionen aus dem akademischen Bereich sowie mit namhaften Partnern aus Industrie und Forschung organisiert.

Der praxisorientierte Workshop bietet nicht nur eine wertvolle Berufsorientierung über Karrierechancen im MINT-Umfeld (also den Fachrichtungen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik), sondern greift immer ein aktuelles Themenfeld von hoher gesellschafts- und wirtschaftspolitischer Relevanz auf. In der vergangenen Woche ging es um erneuerbare Energien und Wasserstoff. Partnerunternehmen war Elkamet Kunststofftechnik mit Hauptsitz im mittelhessischen Biedenkopf. Geforscht wurde an der Philipps-Universität Marburg, wo vier Forschungsgruppen ihre Labors für die Jugendlichen geöffnet haben. „Eine einzigartige Chance für jeden, der demnächst ein Studium im MINT-Umfeld beginnen möchte“, so Teilnehmer Asim Malik von der Immanuel-Kant-Schule in Rüsselsheim.

Die jeweils acht Schülerinnen und Schüler setzten sich in vier gemischten Teams mit unterschiedlichen Fragestellungen im Kontext der Energiewende auseinander. Es ging um neuartige kristalline Materialien zur Nutzung von Oberflächenstrukturen als Energiewandler, um die Funktionsweise von Batterien und um Grundlagen der Laserspektroskopie sowie den Selbstbau eines Spektrometers. Schließlich wurde die Speicherung von Wasserstoff in Metallhydriden untersucht. Nach einer genaueren Untersuchung hält das Schülerteam das Prinzip für einen geeigneten Wasserstoffspeicher, der in der Brennstoffzellen-Technologie eine wichtige Rolle spielen könnte. Auf diese Weise könnten Wasserstoff-Brennstoffzellen in mobilen Anwendungen wie Laptops oder im Automobilbereich als Energieträger der Zukunft eine prominente Rolle spielen.

Die Experten waren von der fachlichen Neugier und schnellen Auffassungsgabe, aber auch von der Motivation und vom Teamgeist der jungen Leute begeistert. „Hier wurde ein hoch komplexes Thema präzise erläutert“, so Prof. Dr. Gregor Witte von der Philipps-Universität. Michael Schmidt (Elkamet Leiter Produktivität und Effizienz) kommentierte das Erfinderlabor als Startschuss für den weiteren beruflichen Werdegang der Schüler:innen. „Die Teilnahme ist für alle ein großer Gewinn!“ Das Familienunternehmen hatte den Jugendlichen am ersten Tag spannende Einblicke in interne Abläufe gewährt und damit einen direkten Praxisbezug in die Bereiche Produktion und Entwicklung ermöglicht. Elkamet fertigt Extrusionsprofile aus technischen Polymerwerkstoffen für die Fahrzeug- und Beleuchtungsindustrie, auch für die Speicherung von Wasserstoff. Auch der Geschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI) in Hessen, Gregor Disson, erlebte plastische Kurzvorträge, die den Kern der Forschungsthemen fokussierten und darüber hinaus mit eigenen Schlussfolgerungen und Kommentaren gewürzt waren. Der Bezug zur konkreten Anwendung und seiner Wirtschaftlichkeit stand dabei immer im Zentrum. Der VCI Hessen ist einer der längsten Förderer des Formats.

Die jungen Studierenden, die sich in dem vor gut zwei Jahren gegründeten ZFC-Format „Frag die Minties“ engagieren, sind längst in fortgeschrittenen Semestern unterwegs. Die Gruppe ehemaliger Erfinderlabor-Teilnehmer:innen produzieren kurze Erklärvideos für YouTube und Instagram als bildstarke Unterstützung der vom Zentrum für Chemie entwickelten Unterrichtssequenzen. Darunter Joelina Gärtner und Pablo del Rio, welche die virtuelle Abschlussveranstaltung eloquent und unterhaltsam moderierten.

Projektpartner vor Ort war das Chemikum Marburg. Dr. Christof Wegscheid-Gerlach ist Mitglied im Direktorium der außerschulischen Bildungsstätte und bildet auch eine Brücke zur Philipps-Universität, wo er im Fachbereich Pharmazie tätig ist. „Das Erfinderlabor zeigt beispielhaft, wie man an der Schnittstelle von Schule und Studium wissenschaftliche Zukunftsthemen vermitteln und so beide Bildungsebenen miteinander verzahnen kann.“ Durch das direkte Feedback der Experten konnten die Teilnehmer am Freitag viele wertvolle Tipps mit ins künftige Berufsleben mitnehmen. Aber auch kurze Interviews mit einer dualen Studentin von Elkamet Kunststofftechnik, einer Chemiestudentin der Philipps-Universität Marburg und einer jungen Projektmanagerin der Landesenergieagentur Hessen haben Schüler:innen aus ganz Hessen, die in Klassenräumen den Live-Stream in großer Zahl verfolgten, mehr Transparenz und Klarheit von MINT-bezogenen Berufsmöglichkeiten vermittelt.

Dr. Thomas Schneidermeier dankte allen Sponsoren und Unterstützern sowie den Betreuern aus den einzelnen Fachbereichen, ohne die der Workshop in dieser Dichte und Tiefe nicht hätte stattfinden können. Das Interesse an einer Teilnahme sei nach den Jahren der Pandemie ungebrochen hoch, so der Lehrer am Bensheimer Goethe-Gymnasium, der das Erfinderlabor in Marburg als rundum gelungene Veranstaltung mit tollen Schülerleistungen bilanziert. Zum zweiten Mal wurde er vor und während der Workshop-Woche organisatorisch von Magdalena Schmitt unterstützt, die im interdisziplinären ZFC-Team seit Herbst 2022 als neue Projektleiterin für die Bereiche Bildung und Erneuerbare Energie mitarbeitet. Zum Abschluss gab es Teilnahmeurkunden und Geschenke für alle Jungforscher. Darunter ein Jahresabonnement der Zeitschrift Spektrum der Wissenschaft. „Menschliche Intelligenz ist und bleibt das Maß aller Dinge“, sagte der Kultusminister abschließend. Trotz Digitalisierung und lernender Maschinen seien wissenschaftliche Neugier und Erfindergeist nicht zu ersetzen, so Prof. Dr. Ralph Alexander Lorz. Die Wahlquote von Oberstufenschüler:innen für naturwissenschaftlich geprägte Leistungskurse in der Qualifikationsphase rangiere in Hessen bei etwa 25 Prozent. Und damit deutlich über dem Bundesdurchschnitt. „Wir sind auf dem richtigen Weg“, so Lorz. Die kontinuierlich gute Arbeit des ZFC trage dazu dabei, dass die Naturwissenschaften bei jungen Menschen weiter an Bedeutung gewinnen.

Seit 2003 entwickelt und organisiert der gemeinnützige Verein ZFC in Kooperation mit Schulen, Hochschulen, Unternehmen, Verbänden, Stiftungen und Ministerien Projekte, um - über die Vermittlung einer naturwissenschaftlichen Grundkompetenz hinaus - gesellschaftlich relevante Themen wie Klimaschutz, Energiewende und Ressourceneffizienz in den Unterricht der MINT-Fächer zu integrieren und mit klassischen schulischen Inhalten zu verzahnen. Damit sollen fachliche Grundlagen für eine individuelle Meinungsbildung ermöglicht und Perspektiven für neue Berufsfelder ganz plastisch und konkret vermittelt werden. Das Erfinderlabor ist Teil der ZFC-Initiative "Schule 3.0 – MINT for Future. Sie zielt auf eine bessere berufliche Orientierung von Schülern im MINT-Umfeld durch die Einbindung gesellschaftsrelevanter naturwissenschaftlich-technischer Themen in den Regelunterricht.

Autor: Zentrum für Chemie